Zeitungen
und Zeitschriften haben Formate, die klar definiert sind. Wird die
Reportage der Aufmacher, oder das Schlusslicht - ganz hinten, kurz
vor den sogenannten Verlags-Sonderthemen? Welche Destination stelle
ich vor? Die Baleareninsel Mallorca mit einer alljährlichen Invasion
von 20 Millionen Deutschen? Oder beschreibe ich ein Land mit fünf
Klimazonen, unbekannten Indianerstämmen und gänzlich unerforschten
Biotopen wie Venezuela? Das Tor zu Südamerika, durch das sich lediglich
20 000 Deutsche wagen? Jeder Reiseschriftsteller sollte natürlich
auch das Medium kennen, in dem er gerne veröffentlichen möchte - so
ihm denn der Abdruck wichtig ist. Die ersten Überlegungen ...
Erst dann rufe ich den jeweiligen Redakteur an und bespreche mit ihm
zusammen das Thema. Und so ein Redakteur in einem anonymen Zimmer
eines Verlages hat natürlich niemals Zeit, erstickt permanent in ungelesenen
Manuskripten. Verstaubt sind die nicht, bei der Süddeutschen
landen täglich 50 auf dem Schreibtisch, eine gedruckt werden gerade
mal drei bis vier - alle sieben Tage.
Ein Freier Autor sollte also nicht entmutigt sein, wenn er kurzerhand
abgebügelt wird. Unter dem Motto: "Naja, dann schicken sie uns mal
ihr Manuskript." Sagt der Angestellte und denkt: "...wenn es denn
unbedingt sein muß." Dies gilt insbesondere, für den Fall eines Erstkontaktes.
In diesem Stadium ist die Einflußnahme des Autoren gleich Null. Anders
sieht es bei einer kontinuierlichen Zusammenarbeit über einen längeren
Zeitraum aus. Der Redakteur weiß, was er von "seinem" armen Schreiberling
zu halten (oder auch nicht zu halten) hat.
Ein
Beispiel, leicht überzogen, um zu verdeutlichen: "Ich fahre nächste
Woche auf die ABC-Inseln!" Soca M. vernimmt ein schweres Ausatmen
am anderen Ende der Leitung. "Hänge aber gleich noch eine Woche ran,
an die Pressereise." Frau Pachmann von der Berliner Zeitung nun schon
etwas aufgeschlossener: "Dann könnte es ggf. unter bestimmten Umständen
interessant werden. Eventuell. Bloß keine Ortsbeschreibungen! Na,
dann schauen Sie mal und schöne Reise."
Das wäre ein guter Anfang. Drei Wochen später: "Also, die eine Insel
ist wirklich (!) empfehlenswert. Habe da eine ganz spannende Dinge
erlebt." "Ach ja?" Und jetzt kommt es darauf an. Soca M. erzählt von
seinem Tauchgang zum größten Wrack der gesamten Karibik. Und das dies
der Stoff für eine packende Reportage ist, die zu einem Volkssturm
auf sämtliche Tauchschulen im Verbreitungsgebiet führen und die Marktführerschaft
der Zeitung manifestieren wird. Und so einen außergewöhnliche Geschichte
natürlich der Aufmacher werden muss." Das war überzeugend. Die Verhandlungspartner
sind sich einig: So eine Geschichte hat für den nicht-tauchenden Leser
einen hohen Erklärungsbedarf. Also soll der Aufmacher nicht wie üblich
6 000 Anschläge, sondern nur 5 600 haben, die erwirtschafteten 400
dem Infokasten zugeschanzt werden."
So funktioniert es aber nicht immer und überall: Elfriede Roth vom
"stern": "Wir sind kein klassisches Reisemagazin. Der Platz für den
Infokasten ist begrenzt, richtet sich auch nach der Layoutkonzeption.
Ich werde keinen Aufklapper an die Seite kleben. Beim Inhalt des Infoteils
lasse ich jedoch meinen Autoren weitgehend freie Hand. Wer von einem
Reiseführer abschreibt, fällt durch. Ich erwarte Insiderinformationen."
Und
der langjährige Tagesspiegel-Redakteur Gerd W. Seidemann: "Für mich
gehören klassische Reiseinformationen in den Infokasten. Der natürliche
Gesprächsfluss einer Geschichte hat Priorität. Hat der Autor Geheimtipps
aufgespürt, gebe ich ihm auch mehr Raum. Er muss mich aber überzeugen."
Für die Coverstory Barbados des "Reisemagazins" Österreich lautete
die Vorgabe 10 000 Anschläge Guide, bitte mit Layoutvorschlägen. Mit
der Bemerkung, die Redaktion kann die Infos je nach Bedarf kürzen,
mailte ich 19 000 Anschläge. Die wurden dann komplett übernommen."
Fazit: Meine Einflussnahme als Reiseschriftsteller und Fotograf auf
das Zusammenspiel von Textkomponenten und visuellen Elementen ist
begrenzt. Inhaltlich ist mein Spielraum weit größer. Eine Vertrauensbasis
- entstanden durch jahrelange Zusammenarbeit - erhöht das "Mitgestaltungsrecht"
des Freiberuflers.
.............. Langer Atem ist gefragt.
.. ;-))
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